Ein Hase im Wald, Hans Hoffmann
An einem Blatt knabbernd, das von einem Stiel des Frauenmantels gezogen wurde, sitzt ein aufmerksamer Hase am Rande eines Kiefernwaldes. Anders als die Dunkelheit, die man in einem Wald erwarten würde, malte Hans Hoffmann eine theatralisch beleuchtete Szene. Jede Pflanze und jedes Insekt - Schnecke, Grille, Käfer - wird in anschaulichen Details betrachtet. Die fein gearbeiteten Blätter der Distel, die ausladenden Wedel eines Wegerichs und die leuchtend blauen Blüten der Hasenglocke zeugen von Hoffmanns akribischer Behandlung des Themas. Tatsächlich hätte keine dieser Pflanzen in der natürlichen Welt koexistieren können. Hoffmann kombinierte auf einfallsreiche Weise zahlreiche einzelne Naturstudien in einem einzigen Bild. Hoffmanns goldbrauner Hase basiert auf Albrecht Dürers berühmtem und einflussreichem Aquarell, das, ähnlich wie sein Hirschkäfer, einen Hasen gegen einen ebenen Boden zeigt. Hoffmann hatte in Nürnberg Dürers Hase gesehen. Später, als er am Hof Kaiser Rudolfs II. tätig war, half er dem Kaiser, das Aquarell für seine Kunstkammer zu erwerben. Hoffmanns Hase unterscheidet sich jedoch von Dürers, er erscheint inmitten einer auffälligen Anordnung eleganter Pflanzen und Insekten. Diese Anordnung von fast lebensgroßen Sujets war zum Zeitpunkt der Entstehung des Gemäldes nicht nur in Hoffmanns Gesamtwerk, sondern auch in der Tradition der deutschen Naturkunde völlig einzigartig.
